Johannes Kalitzke: Die Besessenen auf CD
Die Besessenen
Herkömmliche CD, die mit allen CD-Playern und Computerlaufwerken, aber auch mit den meisten SACD- oder Multiplayern abspielbar ist.
(soweit verfügbar beim Lieferanten)
- Künstler:
- Hendrickje van Kerckhove, Noa Frenkel, Leigh Melrose, Benjamin Hulett, Jochen Kowalski, Klangforum Wien, Johannes Kalitzke
- Label:
- Neos
- Aufnahmejahr ca.:
- 2010
- Artikelnummer:
- 2886939
- UPC/EAN:
- 4260063112034
- Erscheinungstermin:
- 1.8.2013
Die Besessenen
Als Grundlage für meine vierte Oper habe ich den Roman Die Besessenen von Witold Gombrowicz gewählt, weil er, außer eine fesselnde Geschichte zu erzählen, Figuren in Beziehung zueinander treten lässt, die wir aus heutiger Sicht gut kennen. Ein junges Paar steht im Mittelpunkt des Geschehens und ist in gegenseitiger Hassliebe entbrannt. Beide versuchen unentwegt, sich im Wettstreit über Grenzerfahrungen einander zu beweisen.
Dabei denkt keiner von beiden an etwas anderes als an die Flucht vor sich selbst, und auch alle anderen von sich selbst »Besessenen« in diesem Stück verbindet als einzig verbliebener Nenner gemeinschaftlicher Erfahrung ein diffuser Bereich von Urängsten, über den sie sich auf unterschiedliche und dennoch repräsentative Weise definieren. Im Zentrum der Handlung steht eine Art Vorhang, ein Handtuch, das sich in einem dunklen Winkel einer Schlossküche durch rätselhafte Bewegungen und Verzerrungen bemerkbar macht, und welches im Kontext symbolisch für dieses kollektive Unterbewusste steht, das bildlos, unkenntlich und unerklärbar geworden, bei allen Beteiligten namenloses Grauen erzeugt.
Diese Angst führt in letzter Konsequenz in verschiedene Stadien der Selbstzerstörung. Da jeder auf seine Weise nur seinen eigenen, meist kommerziellen Vorteil in seiner Beziehung zum Schloss vor Augen hat (einem Schloss, in dem Tradition und Kultur bewahrt werden), seinen eigenen Wettbewerbs-vorteil im Ringen um Besitzvermehrung, jedoch keinerlei Sensorium für das Innenleben kultureller Werte mehr besitzt oder für irgendeine Art von Mitgefühl, welches sich an verbindenden Unterströmungen zwischenmenschlicher Sorge orientiert, hat niemand dem mehr etwas entgegenzusetzen. Der Paradigmenverfall erzeugt ein entfremdetes Verhältnis zu Tradition und Kultur. Selbstsucht und die Identifikation über extreme Formen der Selbsterfahrung (Töten als Akt der Identifikation) erscheinen als Bollwerke gegen die unwägbare Gefahr des Selbstverlustes.
Man ist reich, schön, und man setzt alles daran, nicht das zu sein, was man aber tatsächlich wird: unsichtbar. Die handelnden Personen agieren ohne verbindliche ethische und moralische Normen, welche bei der Konfrontation mit dem eigenen Spiegelbild, einer Bewertung des eigenen Handelns, noch hilfreich sein könnten. Stattdessen liefern sie sich allen möglichen Deformationen des Ich-Bezugs und der Bereicherung aus: Man hetzt von Anreiz zu Anreiz, von Rolle zu Rolle, ohne selbst darin vorzukommen und verfällt einer obsessiven Nomadenattitüde in einer Welt ohne Halt.
Die Musik der Besessenen orientiert sich am Verhältnis der unterschiedlichen Zeiten, die durch die Personen des Stückes repräsentiert werden, in denen sie leben und denen sie sich zugehörig fühlen, und an dem Bild dieses seltsamen Spukgebildes, das die Menschen dieser Geschichte in Verwirrung stürzt. Elemente alter Musik und kommerzieller Medien verbinden sich mit der eigenen Klangsprache des Komponisten zu einem Gewebe struktureller Beziehungen, welches sich im Laufe des Stückes wie die Falten eines Tuchs, eines Fächers, der sich langsam schließt und eine bildlose Achse hinterlässt, formal zu einer Mitte verdichtet, die alles in sich aufsaugt.
Von haltloser Unruhe getrieben einerseits, von lauernder Leere andererseits unterbrochen, ist die Musik ein Spiel mit Genreklischees, die wie motivische Kernelemente, wie kleine Module immer wieder neu miteinander gekoppelt werden und den Verlauf des musikalischen Geschehens bestimmen, als Elemente eines geschlossenen Systems, das sich zu entwickeln vortäuscht, sich aber in Wirklichkeit im Kreise dreht.
Johannes Kalitzke
Die Handlung
Frau Ocholowska hat für ihre Tochter Maja eine Heirat mit Cholawicki, einem ihrer Angestellten, arrangiert. Cholawicki kümmert sich auch um einen alten Fürsten – in der Hoffnung, dessen Kunstsammlung zu erben. Sein Plan ist, die Gemälde zu verkaufen und aus dem Erlös ein Luxushotel zu erbauen.
Allerdings weckt ein junger Mann namens Leszczuk Majas Interesse. Gemeinsam wollen die beiden die Gemälde ergattern und fliehen.
Cholawicki bringt den Kunsthistoriker Skolinski zum Fürsten, um dessen Kunstsammlung schätzen zu lassen. Zugleich teilt er ihm mit, dass es im Schloss spukt.
Vor langer Zeit hat der Fürst seinen unehelichen Sohn Franio nicht anerkannt. Aus Scham versuchte Franio, sich mit einem Handtuch zu erwürgen und verschwand daraufhin. Dieses Handtuch spukt nun herum. Den Fürsten plagen Schuldgefühle. Er kann nicht sterben, bevor sein Sohn ihm verziehen hat.
Cholawicki will, dass der Fürst sein Testament verfasst und ihm die Gemälde vererbt; er hat jedoch keinen Erfolg. Der Anblick des leidenden Fürsten fasziniert Maja.
Die geplante Hochzeit zwischen Maja und Cholawicki ist zum Scheitern verurteilt. Nun will Majas Mutter ihre Tochter mit einem alten, reichen Mann namens Maliniak verheiraten. Dieser verlangt Sex von Maja, wird aber kurz vor der Verlobungsfeier ermordet. Alle klagen sich gegenseitig als Mörder an.
Maja hilft dem Fürsten zu glauben, dass sein Sohn ihm verziehen habe. Sie löst den Fluch des verwunschenen Handtuchs, und der Fürst findet seinen Frieden. Cholawicki nimmt die Gemälde und verkauft sie – ungeachtet der Proteste des Kunsthistorikers, der betont, dass diese Schätze dem Volk gehören.
Maja und Leszczuk sehen keine gemeinsame Zukunft und trennen sich. Sie will ein anderes, besseres Leben, während er nur neue Zerstreuungen sucht.
Kasper Holten
Disk 1 von 1 (CD)
Die Besessenen (Oper in 4 Akten) (Gesamtaufnahme)
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                    1 1. Akt
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                    2 2. Akt
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                    3 3. Akt
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                    4 4. Akt
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