Joachim Kühn: Out Of The Desert
Out Of The Desert
CD
CD (Compact Disc)
Herkömmliche CD, die mit allen CD-Playern und Computerlaufwerken, aber auch mit den meisten SACD- oder Multiplayern abspielbar ist.
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- Label: ACT, 2009
- Erscheinungstermin: 4.6.2009
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+ Majid Bekkas, Ramon Lopez
*** Digipack
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Mit Out of the Desert liefert Kühn erneut einen herausragenden Beweis dafür, dass in der Weltsprache Musik noch viele neue Vokabeln zu kreieren sind. Selbst wenn man dafür in die Wüste muss.
Auch seinen 64. Geburtstag am 15. März 2008 verbrachte Joachim Kühn, der große deutsche Avantgardist des Jazzpianos, musizierend. Alles andere aber war neu: Mitten in der Sahara spielte er mit marokkanischen Berbern, den Wüstenmusikern der „Source Bleue des Meski“, einer winzigen Oase nahe der algerischen Grenze. Erst wurde direkt an der Quelle gejammed, dann ging es zur Aufnahme ins nahe gelegene Hotel Palms außerhalb von Erfoud: „Auch hier war ringsherum nur Wüste“, erzählt Kühn. „Ich bin ein Wüstenfan und habe schon viele bereist. Allein die Fahrt dorthin ging durch die schönste Landschaft, die ich je gesehen habe. Als wir ankamen, haben wir sofort gespielt, nicht erst groß geredet. Obwohl die Berber wegen des Tourismus’ alle möglichen Sprachen ganz gut beherrschen. Diese Musiker gehören zu den liebenswürdigsten Menschen, die ich je getroffen habe: Sie sind ganz offen und stressfrei. Alles funktioniert ,inschallah’, mit einer Mischung aus Improvisation und Planung. Seit ich dort war, kenne ich auch keinen Stress mehr. Es war mein schönstes Geburtstagsgeschenk, ein großartiges Erlebnis und eine unglaubliche musikalische Inspiration.“
Was Kühn so begeisterte, kann jetzt jeder nachhören: Die außergewöhnliche Begegnung ist Kern seines neuen ACT-Albums Out of the Desert (ACT 9475-2).
Zeitsprung zurück - die Vorgeschichte: Beim „European Jazztival“ 2003 auf Schloss Elmau lernt Joachim Kühn den marokkanischen Sänger und Guembri-Spieler Majid Bekkas kennen. Schnell war der Reiz des Zusammenspiels mit dem jeweils so anderen - hier der archaische Blues, der kehlige Gesang und die vertrackte Rhythmik der arabischen Musik, dort harmonischer Reichtum, Bezüge zur Klassik und die Offenheit für alle Stile - entdeckt. Nach zahlreichen gemeinsamen Konzerten spielen die beiden 2006 dann im vom Eifel-Wald umgebenen Studio Zerkall des alten Kühn-Freundes Walter Quintus das als „pure Magie“ (Jazzthetik) gefeierte Album Kalimba (ACT 9456-2) ein, zusammen mit einem weiteren für Brückenschläge aller Art bekannten Partner, dem spanischen Schlagzeuger und Perkussionisten Ramon Lopez. Eine Erfahrung, die Kühn nicht mehr aus dem Kopf ging.
Besuch folgt auf Gegenbesuch: An seinem Lieblingsstrand in Ibiza - sein aktueller Wohnort, nicht zufällig gewissermaßen an der Schnittstelle der geographischen wie musikalischen Kontinente Europa und Afrika gelegen - überlegte sich Kühn, wie er tiefer in die Gnawa-Musik Marokkos eintauchen könnte. Er beschloss, mindestens einen Monat dort zu musizieren. Im März 2008 ging es auf die von Majid Bekkas wohl vorbereitete Reise. Nicht nur der Besuch in der Wüste war einmalig. Das Espace Bleu Studio in Rabat wurde für Kühn, Bekkas und Lopez zum Stützpunkt für ein völkerverbindendes Experiment. Zu ausgedehnten Sessions versammelten sich die drei zum einen mit Bekkas „Gnawamusicians“: Abdelfettah Houssaini an der Djembe und Abdessadek Bounhar und Rachid El Fadili an der Karkabou, drei herausragenden marokkanischen Perkussionisten und Sängern. Zum andern stieß der Talking Drum-Virtuose Kouassi Bessan Joseph aus dem westafrikanischen Benin dazu. „Out of the Desert ist das erste Album überhaupt, auf dem Musiker aus Marokko, aus dem Benin und Berber gemeinsam zu hören sind“, berichtet Kühn stolz. Die Dokumentarfilmer und Grimme-Preisträger Christoph Hübner und Gabriele Voss haben diese einmaligen wie faszinierenden Begegnungen mit ihren Kameras festgehalten.
In der Tat ist die Lust auf gegenseitiges Kennenlernen, die Freude am musikalischen Dialog bei Out of the Desert allgegenwärtig. „Ich konnte viel von meinen afrikanisch-arabischen Begleitern lernen. Ihre Rhythmik ist einzigartig, präzise wie ein Uhrwerk und doch nie statisch, immer auf dem Weg zu etwas Neuem. Und sie sind völlig offen gewesen für mein Spiel,“ hebt Kühn hervor. So präsentiert sich Out of the Desert als mustergültiges Werk der Gruppenimprovisation, bei dem gleichzeitig Kühns Klavierspiel (bei „One, Two, Free“ greift er auch wieder einmal zum Altsaxophon) unverwechselbar bleibt: Ob er nun groovend in den arabischen Blues Majid Bekkas’ einstimmt („Foulani“); ob er die stoische Perkussion seiner Begleiter mit ebenso perkussiven Akkorden aufnimmt; ob er eine strenge Form und eine minimalistische Melodie vorgibt („Transmitting“), die zugleich auf das von ihm entworfene harmonische Klangkonzept „Diminished Augmented System“ verweist; oder ob er traditionelle Melodieführung und rhythmische Struktur in grenzenlosen Freejazz aufbricht („One, Two, Free“).
“Ich weiß nicht, ob man Improvisieren überhaupt lernen kann“, erwiderte Joachim Kühn unlängst einer klassischen Pianistin auf deren entsprechende Frage. Vielleicht hat es ja wirklich mehr mit einer inneren Grundeinstellung zu tun, bei der Neugier und Offenheit die entscheidende Rolle spielen. Beides hat Kühn sein Leben lang demonstriert wie wenige andere. Dank dieser geistigen Beweglichkeit stieß er als junger klassischer Pianist in der DDR zum Jazz, inspiriert von seinem Bruder, dem Jazzklarinettisten Rolf Kühn; so wurde er nach seiner Flucht in den Westen 1966 in kürzester Zeit einer der wichtigsten Vertreter der Jazz-Avantgarde in den so unterschiedlichen Szenen von Paris, Los Angeles, New York und Hamburg; so suchte er unentwegt die Begegnung mit den unterschiedlichsten Musikern von Michel Portal, Jean-François Jenny-Clark über Daniel Humair, Joe Henderson, Michael Brecker oder Eartha Kitt bis zu Rabih-Abou Khalil oder unlängst dem in mancherlei Hinsicht auf seinen Spuren wandelnden jungen Kollegen Michael Wollny (Live at Schloss Elmau, ACT 9758-2); so entdeckte er - angeregt von seinem seelenverwandten Freund und langjährigen Ensemblepartner Ornette Coleman - in den Neunzigern den anderen großen Leipziger, Johann Sebastian Bach wieder; und so liefert er nun mit Out of the Desert erneut einen herausragenden Beweis dafür, dass in der Weltsprache Musik noch viele neue Vokabeln zu kreieren sind. Selbst wenn man dafür in die Wüste muss.
Auch seinen 64. Geburtstag am 15. März 2008 verbrachte Joachim Kühn, der große deutsche Avantgardist des Jazzpianos, musizierend. Alles andere aber war neu: Mitten in der Sahara spielte er mit marokkanischen Berbern, den Wüstenmusikern der „Source Bleue des Meski“, einer winzigen Oase nahe der algerischen Grenze. Erst wurde direkt an der Quelle gejammed, dann ging es zur Aufnahme ins nahe gelegene Hotel Palms außerhalb von Erfoud: „Auch hier war ringsherum nur Wüste“, erzählt Kühn. „Ich bin ein Wüstenfan und habe schon viele bereist. Allein die Fahrt dorthin ging durch die schönste Landschaft, die ich je gesehen habe. Als wir ankamen, haben wir sofort gespielt, nicht erst groß geredet. Obwohl die Berber wegen des Tourismus’ alle möglichen Sprachen ganz gut beherrschen. Diese Musiker gehören zu den liebenswürdigsten Menschen, die ich je getroffen habe: Sie sind ganz offen und stressfrei. Alles funktioniert ,inschallah’, mit einer Mischung aus Improvisation und Planung. Seit ich dort war, kenne ich auch keinen Stress mehr. Es war mein schönstes Geburtstagsgeschenk, ein großartiges Erlebnis und eine unglaubliche musikalische Inspiration.“
Was Kühn so begeisterte, kann jetzt jeder nachhören: Die außergewöhnliche Begegnung ist Kern seines neuen ACT-Albums Out of the Desert (ACT 9475-2).
Zeitsprung zurück - die Vorgeschichte: Beim „European Jazztival“ 2003 auf Schloss Elmau lernt Joachim Kühn den marokkanischen Sänger und Guembri-Spieler Majid Bekkas kennen. Schnell war der Reiz des Zusammenspiels mit dem jeweils so anderen - hier der archaische Blues, der kehlige Gesang und die vertrackte Rhythmik der arabischen Musik, dort harmonischer Reichtum, Bezüge zur Klassik und die Offenheit für alle Stile - entdeckt. Nach zahlreichen gemeinsamen Konzerten spielen die beiden 2006 dann im vom Eifel-Wald umgebenen Studio Zerkall des alten Kühn-Freundes Walter Quintus das als „pure Magie“ (Jazzthetik) gefeierte Album Kalimba (ACT 9456-2) ein, zusammen mit einem weiteren für Brückenschläge aller Art bekannten Partner, dem spanischen Schlagzeuger und Perkussionisten Ramon Lopez. Eine Erfahrung, die Kühn nicht mehr aus dem Kopf ging.
Besuch folgt auf Gegenbesuch: An seinem Lieblingsstrand in Ibiza - sein aktueller Wohnort, nicht zufällig gewissermaßen an der Schnittstelle der geographischen wie musikalischen Kontinente Europa und Afrika gelegen - überlegte sich Kühn, wie er tiefer in die Gnawa-Musik Marokkos eintauchen könnte. Er beschloss, mindestens einen Monat dort zu musizieren. Im März 2008 ging es auf die von Majid Bekkas wohl vorbereitete Reise. Nicht nur der Besuch in der Wüste war einmalig. Das Espace Bleu Studio in Rabat wurde für Kühn, Bekkas und Lopez zum Stützpunkt für ein völkerverbindendes Experiment. Zu ausgedehnten Sessions versammelten sich die drei zum einen mit Bekkas „Gnawamusicians“: Abdelfettah Houssaini an der Djembe und Abdessadek Bounhar und Rachid El Fadili an der Karkabou, drei herausragenden marokkanischen Perkussionisten und Sängern. Zum andern stieß der Talking Drum-Virtuose Kouassi Bessan Joseph aus dem westafrikanischen Benin dazu. „Out of the Desert ist das erste Album überhaupt, auf dem Musiker aus Marokko, aus dem Benin und Berber gemeinsam zu hören sind“, berichtet Kühn stolz. Die Dokumentarfilmer und Grimme-Preisträger Christoph Hübner und Gabriele Voss haben diese einmaligen wie faszinierenden Begegnungen mit ihren Kameras festgehalten.
In der Tat ist die Lust auf gegenseitiges Kennenlernen, die Freude am musikalischen Dialog bei Out of the Desert allgegenwärtig. „Ich konnte viel von meinen afrikanisch-arabischen Begleitern lernen. Ihre Rhythmik ist einzigartig, präzise wie ein Uhrwerk und doch nie statisch, immer auf dem Weg zu etwas Neuem. Und sie sind völlig offen gewesen für mein Spiel,“ hebt Kühn hervor. So präsentiert sich Out of the Desert als mustergültiges Werk der Gruppenimprovisation, bei dem gleichzeitig Kühns Klavierspiel (bei „One, Two, Free“ greift er auch wieder einmal zum Altsaxophon) unverwechselbar bleibt: Ob er nun groovend in den arabischen Blues Majid Bekkas’ einstimmt („Foulani“); ob er die stoische Perkussion seiner Begleiter mit ebenso perkussiven Akkorden aufnimmt; ob er eine strenge Form und eine minimalistische Melodie vorgibt („Transmitting“), die zugleich auf das von ihm entworfene harmonische Klangkonzept „Diminished Augmented System“ verweist; oder ob er traditionelle Melodieführung und rhythmische Struktur in grenzenlosen Freejazz aufbricht („One, Two, Free“).
“Ich weiß nicht, ob man Improvisieren überhaupt lernen kann“, erwiderte Joachim Kühn unlängst einer klassischen Pianistin auf deren entsprechende Frage. Vielleicht hat es ja wirklich mehr mit einer inneren Grundeinstellung zu tun, bei der Neugier und Offenheit die entscheidende Rolle spielen. Beides hat Kühn sein Leben lang demonstriert wie wenige andere. Dank dieser geistigen Beweglichkeit stieß er als junger klassischer Pianist in der DDR zum Jazz, inspiriert von seinem Bruder, dem Jazzklarinettisten Rolf Kühn; so wurde er nach seiner Flucht in den Westen 1966 in kürzester Zeit einer der wichtigsten Vertreter der Jazz-Avantgarde in den so unterschiedlichen Szenen von Paris, Los Angeles, New York und Hamburg; so suchte er unentwegt die Begegnung mit den unterschiedlichsten Musikern von Michel Portal, Jean-François Jenny-Clark über Daniel Humair, Joe Henderson, Michael Brecker oder Eartha Kitt bis zu Rabih-Abou Khalil oder unlängst dem in mancherlei Hinsicht auf seinen Spuren wandelnden jungen Kollegen Michael Wollny (Live at Schloss Elmau, ACT 9758-2); so entdeckte er - angeregt von seinem seelenverwandten Freund und langjährigen Ensemblepartner Ornette Coleman - in den Neunzigern den anderen großen Leipziger, Johann Sebastian Bach wieder; und so liefert er nun mit Out of the Desert erneut einen herausragenden Beweis dafür, dass in der Weltsprache Musik noch viele neue Vokabeln zu kreieren sind. Selbst wenn man dafür in die Wüste muss.
- Tracklisting
- Mitwirkende
Disk 1 von 1 (CD)
- 1 Foulani
- 2 Transmitting
- 3 One, Two, Free
- 4 Sandia
- 5 Seawalk
- 6 Chadiye