Carl Stamitz: Bläsersymphonien auf CD
Bläsersymphonien
Herkömmliche CD, die mit allen CD-Playern und Computerlaufwerken, aber auch mit den meisten SACD- oder Multiplayern abspielbar ist.
Parthien in Es & B; 3 Oktette in B, Es, B
- Künstler:
- Consortium Classicum
- Label:
- CPO
- Aufnahmejahr ca.:
- 1989
- Artikelnummer:
- 5218774
- UPC/EAN:
- 0761203908127
- Erscheinungstermin:
- 1.5.1998
Man kann immer nur wieder staunen, wie
leichtfertig Musikverantwortliche über
epochale Ereignisse hinweggehen wie
zum Beispiel im Falle von Johann Wenzel,
Anton und Carl Philipp Stamitz, den
Begründern und Festigern der sogenannten
"Mannheimer Schule". Tatsächlich wurden Vater und Sohn Stamitz
von ihren Zeitgenossen als geniale
Neuerer, Instrumentalisten und Komponisten,
verehrt, während heutzutage der
Name Stamitz eher etwas für Wettbewerbe
wie "Jugend musiziert" ist und in Dilettantenkreisen
zu Ehren kommt, was
für einen guten Instinkt unverbrauchter
Gemüter spricht. Die Verdienste der beiden
Künstler vorzustellen, kann nicht Ziel
einer Schallplattenveröffentlichung sein.
Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen
haben den historischen Wert ihrer
Kompositionen bewiesen und die Persönlichkeiten
eingehend gewürdigt.
Das Ergebnis von Stamitz' Bemühungen
- nämlich das "Mannheimer Orchester"
durfte Christian F D. Schubaft mit enthusiastischen
Zeilen preisen, indem er
schrieb:
"Kein Orchester der Welt hat es
je in der Ausführung dem Mannheimer
zuvor getan... sein Forte ist ein Donner,
sein crescendo ein Katarakt, sein Diminuendo
ein in die Ferne hinplätschernder
Krystallfluss, sein Piano ein Frühlingshauch".
Schubarts Worte wurden oft zitiert,
doch selten eine Konsequenz daraus
gezogen, wie denn auch die Mannheimer
Schule im heutigen Musikleben
als passé gelten mag. Einige Versuche
der D. G.-Archivproduktion vor Jahren,
Mannheimer Komponisten dem Markt
vorzustellen, haben sich im Sande verlaufen.
Männer wie Mozart und Havdn hätten
sich ohne die wegweisenden Entwicklungen
der Familie Stamitz und Philipp Emanuel
Bach schwerer getan. Nach Leopold
Mozart war das Mannheimer Orchester
"das beste Deutschlands". Von J. Stamitz
als Komponisten hieß es: "Sein Genie
war sehr originell, kühn und kraftvoll.
Erfindung, Feuer und Kontrast in den geschwinden
Sätzen, zärtliche, reizende
und schmeichelnde Melodie in den langsamen,
verbunden mit Scharfsinn und
Reichtum in der Begleitung charakterisieren
seine Werke" Alle sind von starkem
Ausdruck, welchen der Enthusiasmus
des Genies hervorgebracht und die
Kultur verfeinert hat, ohne ihn zu unterdrücken".
(Burney)
Man kann sagen, dass die Familie Stamitz
eine unverkennbare Handschrift kreierte.
Sohn Carl des böhmischen Emigranten
Johann wuchs musikalisch in der Hofkapelle
seiner Vaterstadt Mannheim auf
und erhielt den ersten Unterricht vom Vater
und nach dessen Tod von Cannabich,
Holzbauer und Richter. Bereits 1762 wurde
er Mitglied des Mannheimer Orchesters,
wo er bis 1770 die zweite Geige
spielte. Eine gewisse Duplizität zu Leopold
Mozart und Wolfgang Amadeus Mozart
ist festzustellen, wenn man das Leben
von Johann und Carl Stamitz betrachtet.
Beiden gleich ist ein
hochbegabter Vater, der einen genialeren
Sohn erzog, welcher durch rastlose
Getriebenheit auf zahlreichen Reisen als
"europäischer Musiker" mit seiner Gesundheit
Raubbau trieb. Carl war ein
"feuriger" Geist! Bereits 1770 schied er
aus kurfürstlich-pfälzischen Diensten
und begab sich nach Paris zum Herzog
Louis von Noailles, der ihn auch zum Hofkomponisten
ernannte. Seine Kompositionen
und sein Auftreten in den
"Concerts Spirituells" blieben nicht ohne
Einfluß auf die junge - nach neuen Wegen
suchende - Komponistengeneration
Frankreichs. 1773 finden wir ihn dann in
Frankfurt und 1774 in Augsburg und
Straßburg wieder. In den Jahren 1777
und 1778 hatte er große Erfolge in London
(Kaiser). Doch auch hier konnte ihm
das Musikleben nichts Neues geben und
er wandte sich 1782 in die Niederlande.
wo er in Den Haag und Amsterdam
konzertierte.
1785 nach Deutschland zurückgekehrt,
trat er vornehmlich in Norddeutschland,
nämlich in Hamburg, Lübeck,
Braunschweig, Magdeburg und
Leipzig auf , um dann 17BO nach Berlin zu
gehen, wo er als Geigensolist von sich
Reden machte. Dieser Besuch Berlins
war von einschneidender Wirkung auf
das Leben des begabten Stamitz. Einem
nicht mehr existierendem Vertrag zufolge,
wurde ihm vom preußischen König
versichert, dass "jede Komposition", die
er an den Hof sandte, vom König bezahlt
wurde. Trotz dieser ehrenvollen Auszeichnung
hielt es Stamitz nicht in der
preußischen Hauptstadt. Er wandte sich
1787 dem Fürstentum Hohenlohe zu, wo
er als Kapellmeister gewirkt haben soll,
was sich jedoch nicht belegen lässt. Aber
auch in diesem Jahr packte ihn wieder
die Reiselust und sie führte ihn nach
Dresden, Prag, Halle und Nürnberg, später
nach Mecklenburg-Schwein und zurück
über Eutin nach Ottingen-Wallerstein
in eine Hofkapelle, dem Mannheimer
Orchester fast ebenbürtig. lm Winter
17$gl90 leitete er dann die Liebhaber
Konzerte in Kassel und lebte anschließend
im Vogtland. Krank, ausgebrannt
und des Reisens müde, bewarb er sich
ohne Erfolg als Kapellmeister am Schweriner
Hof (Kaiser). Wie sehr man Stamitz
hier schätzte, zeigt das heute noch mit
seinen Kompositionen bestückte Archiv,
wo ich viele Studien für diese CD machen
durfte. Am 12. November 1792 traf er dann in Weimar höchstwahrscheinlich mit
Goethe zusammen, als er ein großes
Konzert im Hoftheater gab. Anschließend
führte ihn sein Weg noch einmal nach
Mannheim, ließ sich aber dann, als er in
seiner Heimatstadt keinen Erfolg mehr
hatte, Anfang 1795 in Jena nieder. Von
diesem Zeitpunkt an verlieren sich seine
Vorhaben im Dunkeln. Von großen Kompositionsplänen
ist uns überliefert und
von Versuchen der Goldmacherei. Weitere
Reisen sind nicht bekannt. Tatsache
ist, dass Carl Stamitz die verschiedensten
Stilmerkmale von Zeitgenossen und Regionen
in sich aufnahm und sie derart
glücklich assimilierte, dass man ihm einen
ausgeprägten Personalstil zubilligen
darf . Leider sind bis in unsere Zeit eher
seine durchschnittlichen Kompositionen
bekannt geworden. Dazu gehören zweifellos
auch einige überstrapazierte Bläserkonzerte,
die als sogenannte "Handgelenksübungen"
die Nachwelt belasten.
Von seinen wahren und kühnen
Schöpfungen, wo er ganz im Geiste des
Vaters neue Wege beschreitet und in vielen
Teilen Mozart und Haydn ebenbürtig
ist, wurde so gut wie nichts populär.
Hierzu zählen auch seine zahlreichen
Bläserparthien, die bislang als verschollen
galten und welche ich auf meinen Reisen
durch die USA, in die CSSR, UdSSR,
aber auch in Skandinavien, Süddeutschland
und Österreich wiederentdecken
durfte. Es war ein mühsames Unterfangen,
diesen Werken nachzugehen. Eben
weil Reiselust Stamitz durch halb Europa
führte und kompositorische Spuren sich
oft in kleinsten Archiven verlieren. Obwohl
zur Klasse der "Divertimentomusik" gehörend, finden wir doch in den
Bläserparthien viel von dem, was uns bei
Haydn und Mozart so begeistert. Es ist
aber völlig falsch, seine Werke an den
Kompositionen dieser Meister zu messen.
Zweifellos findet hier bei Carl
("Mann von böhmischem Blute"), ein
kompositorisches Bekenntnis statt, das
einen Blick in seine Künstlerseele gestattet.
Gelehrtes Denken und Musikantentum
geben sich die Hand. Man könnte
von einer glücklichen Synthese von Philipp
Emanuel Bach, Mozart und Haydn
sprechen. Aber auf eine ganz eigene und
originelle Art komponiert.
Seine Es-Dur Parthia ist ein Teil eines
Kompositionszyklus, den Stamitz dem
König von Preußen widmete, und für den
er wohl auch - wie vertraglich zugesichert
- ein stattliches Honorar erhielt.
Wir haben uns aus den zahlreichen Parthien
für die Nr. 1 entschieden, die mit ihrem
wunderbaren langsamen c-Moll-
Satz in mozartsche Welten vordringt, wobei
diese Aussage wieder einmal irrig ist,
denn hier handelt es sich um original Stamitzsches
Gedankengut. Doch wer mäße
sich nicht gerne an Mozart? Die Ecksätze
sind symphonischer Natur, so wie
sie etwa zeitlich parallel Haydn komponierte.
lm Oktett B-Dur Nr. 1 ist man ebenfalls an
den Meister der Esterhazy-Zeit erinnert
mit einem wehmütigen Dreivierteltakt,
um kurz darauf an Mozar| zu denken,
wenn Stamitz im langsamen Satz das
Thema der Es-Dur-Sinfonie anklingen lässt.
Höfische Musik war auch Jagdmusik. Pikant
zu sehen, wie Stamitz in seinem Bläsersextett
die Konventionen unterläuft,
indem er nicht den Jagdsatz an den
Schluss, sondern an den Anfang des Divertimentos
stellt. Ein Satz, mit großen
Klangwirkungen ausgestattet, um den
Hörer auf eine ernst zu nehmende Komposition
vorzubereiten. Aus der Ferne erklingende
Hornsignale, langsam näherkommend
in drei Etappen, dokumentieren
dieses. lm langsamen Satz schneidet
Stamitz allerdings andere Töne an mit
wunderbaren kantablen Stellen und
überraschenden harmonischen Wendungen.
Ein haydnsches Menuett setzt sich vor
ein spritziges Rondo alla Christian Bach.
Sein Oktett in Es-Dur Nr. 2 beginnt mit einem
expansiven Oktavsprung der Klarinette,
begleitet von aufregenden Sechzehnteln
in der zweiten Stimme. Der
gänzlich sinfonisch angelegte erste Satz
lässt das Divertimento vergessen und
führt in die Welt böhmischer Sinfoniker
etwa zu Krommer oder Kozeluch.
Doch kommen wir zum Hauptwerk unserer
CD, dem großen B'Dur Oktett Nr. 2.
Uns war bei der Einspielung sonderbar
zumute, konnten wir doch das Werk stilistisch
in sein Gesamtschaffen nicht einordnen.
Hier offenbart sich ein Musiker,
der weit in die Romantik greift. Bitte beachten
Sie, liebe Musikhörer, vor allen
Dingen die Durchführung des ersten Satzes, wo er Themenkomplexe, die später
für Mendelssohn so typisch sind, vorwegnimmt.
Der langsame Satz, ein Notturno,
geboren aus bester böhmischer Tradition,
fesselt durch sentimentale thematische
Eingebungen und interessante harmonische
Rückungen. Hat er nun
Haydns Londoner Sinfonien gekannt?
Man könnte es fast vermuten. Oder ist es
umgekehrt? Hat Haydn Stamitz studiert?
Auf jeden Fall erinnert sein letzter Satz
an einschlägige Werke aus Haydns Londoner
"Reprise" , seiner 2. Englandreise
1794, wobei Stamitz noch ein übriges
hinzutut, indem er der ersten Klarinette
eine Virtuosität abverlangt, wie sie erst in
der Romantik viele Jahre später üblich
war. Bliebe zu konstatieren, dass die Verniedlichung
seines Schaffens mit dem
Markenzeichen "Mannheimer Schule"
und die Abstempelung als "Kleinmeister" dazu geführt haben, dass sein
Oeuvre von Interpreten - ich rede nicht
von der Musikwissenschaft - nie ernsthaft
untersucht wurde. Mir sind zahlreiche
Werke bekannt, in denen Stamitz weit
über das hinausgeht, was man landläufig
von einem Mannheimer Musiker erwartet.
Zum Schluss sei mir noch die Bemerkung
erlaubt, dass wir mit unserer Veröffentlichung
keine repräsentative Auswahl seiner
Bläserkammermusik vorstellen. Vielmehr
haben wir aus dem reichhaltigen
Erbe, die uns derzeit am besten zugänglichen
Werke ausgewählt, wobei klar ist,
dass weitere hochinteressante Funde zu
erwarten sind. Vielleicht ist diese CD dazu
angetan, dass Musiker und Publikum
in Zukunft aufmerksamer seine Schöpfungen
betrachten.
Rezensionen
H. Arnold in stereoplay 7/90:"Die vorliegen- den fünf Bläseroktette wurden von Klöcker wiederentdeckt und zeigen Stamitz als wahren Meister der ausdrucksvollen Instrumentie- rungskunst. Dabei weist die Tonsprache teil- weise weit über seine Zeit hinaus zur Roman- tik. Das Consortium Classicum brilliert, wie gewohnt, mit perfekter Instrumentenbeherr- schung, dunkelsattem Bläserklang und musi- kalischer Gestaltungskraft. Höchste Bewer- tungen für Interpretation, Klangqualität und Repertoirewert."-
Tracklisting
-
Details
-
Mitwirkende
Disk 1 von 1 (CD)
Partita für Bläser Nr. 1 H-Dur
-
1 1. Allegro assai
-
2 2. Andante moderato
-
3 3. Allegro assai
Oktett für Bläser Nr. 1 H-Dur
-
4 1. Allegro
-
5 2. Andantino
-
6 3. Menuetto
-
7 4. Rondeau: Allegro
Partita für Bläser Es-Dur
-
8 1. Allegro
-
9 2. Allegro assai
-
10 3. Largo
-
11 4. Menuetto
-
12 5. Allegro assai
Oktett für Bläser Nr. 2 Es-Dur
-
13 1. Allegro ma non tanto
-
14 2. Allegretto
-
15 3. Menuetto
-
16 4. Rondeau: Allegretto
Oktett für Bläser Nr. 2 H-Dur
-
17 1. Allegro con spirito
-
18 2. Andantino
-
19 3. Rondo: Presto
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