Sofia Gubaidulina: Violinkonzert Nr.3 "Dialog: Ich und Du"
Violinkonzert Nr.3 "Dialog: Ich und Du"
CD
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- +The Wrath of God (Der Zorn Gottes) für Orchester; The Light of the End (Das Licht des Endes) für Orchester
- Künstler: Vadim Repin, Gewandhausorchester Leipzig, Andris Nelsons
- Label: DGG, DDD, 2020
- Bestellnummer: 10690501
- Erscheinungstermin: 22.10.2021
Dialoge mit dem Göttlichen
»Es begeistert mich immer wieder, wie Sofia Gubaidulina in ihren Werken Intellekt, Spiritualität und Sinnlichkeit miteinander vereint. Ihre Musik geht direkt unter die Haut«, schwärmt Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons von der 1931 geborenen Grande Dame der Neuen Musik. Die Zusammenarbeit der beiden begann 2017 mit der Uraufführung ihres Tripelkonzerts in Boston, und seit 2019 hat Nelsons sie gleich für mehrere Spielzeiten als Gewandhauskomponistin nach Leipzig verpflichtet.
Die Faszination der Musik der gebürtigen Tatarin, die seit fast 30 Jahren in der Nähe von Hamburg lebt, rührt nicht zuletzt von der großen Spiritualität ihrer Werke. »Während ich komponiere, bete ich, nein, eigentlich spreche ich mit Gott«, bekennt die tiefgläubige Komponistin. Ihre Werke stellen den Menschen in seiner Beziehung zu Gott in den Mittelpunkt, sie sind persönliche Dialoge mit dem Göttlichen. Dies kennzeichnet auch die drei hier zum ersten Mal eingespielten Werke, die zum Spätwerk der Komponistin gezählt werden können. Und sie offenbaren ein weiteres Faszinosum in Gubaidulinas Schaffen: die Arbeit in größeren Werkkomplexen. Eins entwickelt sich aus dem anderen, kreist um dasselbe Thema und verarbeitet gemeinsames Material. Die Komponistin spricht gern vom »Züchten« und vergleicht sich mit einer Gärtnerin.
Das aktuellste ihrer Großwerke, das weitere Kompositionen nach sich zog, ist das Oratorium Über Liebe und Hass (2016 / 18), mit dem Sofia Gubaidulina an die Menschheit appelliert, Gottes Geboten zu folgen und in versöhnender Liebe den Hass zu überwinden. Im Umfeld dieses Oratoriums entstanden auch das Violinkonzert Dialog: Ich und Du und das Orchesterwerk Der Zorn Gottes.
Das dialogische Prinzip ist dem Violinkonzert Dialog: Ich und Du schon im Titel eingeschrieben. Die Komponistin bezieht sich damit auf das gleichnamige Buch des Religionsphilosophen Martin Buber (Ich und Du, 1923), der die Welt darin als »zwiefältig« bezeichnet – auch deshalb, weil der Mensch sie oft mit gegensätzlichen Wortpaaren zu beschreiben versucht. Gubaidulina fasst dies in einen komplexen Dialog zwischen Violine und Orchester. Aus der Stille heraus eröffnet die Solovioline das immer wieder kadenzartig unterbrochene Zwiegespräch, das sich verdichtet und zu dramatischen Ausbrüchen führt – bis sich Soloinstrument und Orchester am Ende weit voneinander entfernen: Das viergestrichene a der Geige in schwindelerregender Höhe wird von einem resignativen Moll-Akkord im Orchester grundiert. Nach ihren ersten beiden Violinkonzerten (Offertorium für Gidon Kremer, 1980, und In tempus praesens für Anne-Sophie Mutter, 2007, beide mit den Widmungsträgern bei Deutsche Grammophon erschienen) schrieb Sofia Gubaidulina ihr drittes Violinkonzert für Vadim Repin, der es 2018 mit dem Dirigenten Andres Mustonen in Nowosibirsk uraufführte. Die vorliegende Aufnahme ist ein Live-Mitschnitt der deutschen Erstaufführung vom Dezember 2019 aus dem Leipziger Gewandhaus.
Parallel zum Violinkonzert arbeitete Sofia Gubaidulina an einem neuen Orchesterwerk, für den sie den drittletzten Satz des Oratoriums Über Liebe und Hass (Nr. 7: Der Zorn Gottes) zu einem eigenständigen Orchesterwerk mit demselben Titel erweiterte. »Gott ist zornig, böse auf die Menschen, auf unser Verhalten. Wir haben Schuld auf uns geladen«, erläuterte sie im Vorfeld der Uraufführung, die nach mehreren Anläufen schließlich im November 2020 – coronabedingt in einem Geisterkonzert ohne Publikum – im Wiener Musikverein stattfand. Das schillernde Dies-irae-Gemälde für Riesenorchester hebt mit einem mächtigen Unisono-Thema der Blechbläser an und entlädt seine Wut und Verzweiflung in drei großen Steigerungswellen, die sich nur episodisch aufhellen. Wie im Oratorium (und auch im Violinkonzert) liegt sämtlichen Themen das Intervall der kleinen Sekunde als Keimzelle zugrunde, dessen Reibungspotenzial in aller Dramatik ausgereizt wird. Am Ende mündet das Werk in eine apokalyptische Jubelfanfare – schon im Oratorium kam dem Zorn Gottes die Rolle eines Schlüsselsatzes mit Katharsis-Wirkung zu.
Gubaidulina widmete das Werk »Dem großen Beethoven«, und tatsächlich lassen sich in der archaischen Konzentration dieser Musik Parallelen zum Spätwerk Beethovens ausmachen. Derzeit erweitert sie den Zorn Gottes im Auftrag von Andris Nelsons für das Gewandhausorchester und das Boston Symphony Orchestra zu einer zweiteiligen Beethoven-Hommage.
Im Auftrag des Bostoner Orchesters schuf Sofia Gubaidulina auch das dritte Werk dieses Album, The Light of the End (Das Licht des Endes), das 2003 unter Leitung des langjährigen Gewandhauskapellmeisters Kurt Masur in der Bostoner Symphony Hall zur Uraufführung kam. Die Komponistin legte diesem Werk einen physikalischen Grundkonflikt in der Musik zugrunde: die Unvereinbarkeit der Naturtonreihe mit der temperierten Stimmung. Schon zu Beginn des Werkes treffen diese Phänomene aufeinander, wenn die Naturtöne der Hörner neben der temperierten Stimmung des Orchesters stehen. Der Konflikt führt zu dramatischen Steigerungen und Kulminationen und wird im Zentrum des Werkes, einem Duett von Solo-Horn und -Cello, noch einmal exemplarisch vorgeführt. Für Gubaidulina manifestiert sich in diesem Werk »die Unvereinbarkeit von Natur und realem Leben, in dem die Natur häufig neutralisiert wird. Früher oder später musste ich diesen Schmerz in einer Komposition thematisieren.« Der Werktitel bezieht sich auf den Schlussabschnitt, der mit funkelnden Zimbelklängen einen Hoffnungsschimmer spendet.
Für Andris Nelsons war die vorliegende Aufnahme ein Lichtblick in schwerer Zeit: »Die Musiker des Gewandhausorchesters und ich haben die beiden Orchesterwerke während des Corona-Lockdowns eingespielt, und Sofia Gubaidulinas Musik hat uns hierbei viel Zuversicht gegeben. Dieses musikalische Porträt zu ihrem 90. Geburtstag wird die emotionale Kraft ihrer Musik hoffentlich auch einem größeren Publikum vermitteln.« (Tobias Niederschlag)
»Es begeistert mich immer wieder, wie Sofia Gubaidulina in ihren Werken Intellekt, Spiritualität und Sinnlichkeit miteinander vereint. Ihre Musik geht direkt unter die Haut«, schwärmt Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons von der 1931 geborenen Grande Dame der Neuen Musik. Die Zusammenarbeit der beiden begann 2017 mit der Uraufführung ihres Tripelkonzerts in Boston, und seit 2019 hat Nelsons sie gleich für mehrere Spielzeiten als Gewandhauskomponistin nach Leipzig verpflichtet.
Die Faszination der Musik der gebürtigen Tatarin, die seit fast 30 Jahren in der Nähe von Hamburg lebt, rührt nicht zuletzt von der großen Spiritualität ihrer Werke. »Während ich komponiere, bete ich, nein, eigentlich spreche ich mit Gott«, bekennt die tiefgläubige Komponistin. Ihre Werke stellen den Menschen in seiner Beziehung zu Gott in den Mittelpunkt, sie sind persönliche Dialoge mit dem Göttlichen. Dies kennzeichnet auch die drei hier zum ersten Mal eingespielten Werke, die zum Spätwerk der Komponistin gezählt werden können. Und sie offenbaren ein weiteres Faszinosum in Gubaidulinas Schaffen: die Arbeit in größeren Werkkomplexen. Eins entwickelt sich aus dem anderen, kreist um dasselbe Thema und verarbeitet gemeinsames Material. Die Komponistin spricht gern vom »Züchten« und vergleicht sich mit einer Gärtnerin.
Das aktuellste ihrer Großwerke, das weitere Kompositionen nach sich zog, ist das Oratorium Über Liebe und Hass (2016 / 18), mit dem Sofia Gubaidulina an die Menschheit appelliert, Gottes Geboten zu folgen und in versöhnender Liebe den Hass zu überwinden. Im Umfeld dieses Oratoriums entstanden auch das Violinkonzert Dialog: Ich und Du und das Orchesterwerk Der Zorn Gottes.
Das dialogische Prinzip ist dem Violinkonzert Dialog: Ich und Du schon im Titel eingeschrieben. Die Komponistin bezieht sich damit auf das gleichnamige Buch des Religionsphilosophen Martin Buber (Ich und Du, 1923), der die Welt darin als »zwiefältig« bezeichnet – auch deshalb, weil der Mensch sie oft mit gegensätzlichen Wortpaaren zu beschreiben versucht. Gubaidulina fasst dies in einen komplexen Dialog zwischen Violine und Orchester. Aus der Stille heraus eröffnet die Solovioline das immer wieder kadenzartig unterbrochene Zwiegespräch, das sich verdichtet und zu dramatischen Ausbrüchen führt – bis sich Soloinstrument und Orchester am Ende weit voneinander entfernen: Das viergestrichene a der Geige in schwindelerregender Höhe wird von einem resignativen Moll-Akkord im Orchester grundiert. Nach ihren ersten beiden Violinkonzerten (Offertorium für Gidon Kremer, 1980, und In tempus praesens für Anne-Sophie Mutter, 2007, beide mit den Widmungsträgern bei Deutsche Grammophon erschienen) schrieb Sofia Gubaidulina ihr drittes Violinkonzert für Vadim Repin, der es 2018 mit dem Dirigenten Andres Mustonen in Nowosibirsk uraufführte. Die vorliegende Aufnahme ist ein Live-Mitschnitt der deutschen Erstaufführung vom Dezember 2019 aus dem Leipziger Gewandhaus.
Parallel zum Violinkonzert arbeitete Sofia Gubaidulina an einem neuen Orchesterwerk, für den sie den drittletzten Satz des Oratoriums Über Liebe und Hass (Nr. 7: Der Zorn Gottes) zu einem eigenständigen Orchesterwerk mit demselben Titel erweiterte. »Gott ist zornig, böse auf die Menschen, auf unser Verhalten. Wir haben Schuld auf uns geladen«, erläuterte sie im Vorfeld der Uraufführung, die nach mehreren Anläufen schließlich im November 2020 – coronabedingt in einem Geisterkonzert ohne Publikum – im Wiener Musikverein stattfand. Das schillernde Dies-irae-Gemälde für Riesenorchester hebt mit einem mächtigen Unisono-Thema der Blechbläser an und entlädt seine Wut und Verzweiflung in drei großen Steigerungswellen, die sich nur episodisch aufhellen. Wie im Oratorium (und auch im Violinkonzert) liegt sämtlichen Themen das Intervall der kleinen Sekunde als Keimzelle zugrunde, dessen Reibungspotenzial in aller Dramatik ausgereizt wird. Am Ende mündet das Werk in eine apokalyptische Jubelfanfare – schon im Oratorium kam dem Zorn Gottes die Rolle eines Schlüsselsatzes mit Katharsis-Wirkung zu.
Gubaidulina widmete das Werk »Dem großen Beethoven«, und tatsächlich lassen sich in der archaischen Konzentration dieser Musik Parallelen zum Spätwerk Beethovens ausmachen. Derzeit erweitert sie den Zorn Gottes im Auftrag von Andris Nelsons für das Gewandhausorchester und das Boston Symphony Orchestra zu einer zweiteiligen Beethoven-Hommage.
Im Auftrag des Bostoner Orchesters schuf Sofia Gubaidulina auch das dritte Werk dieses Album, The Light of the End (Das Licht des Endes), das 2003 unter Leitung des langjährigen Gewandhauskapellmeisters Kurt Masur in der Bostoner Symphony Hall zur Uraufführung kam. Die Komponistin legte diesem Werk einen physikalischen Grundkonflikt in der Musik zugrunde: die Unvereinbarkeit der Naturtonreihe mit der temperierten Stimmung. Schon zu Beginn des Werkes treffen diese Phänomene aufeinander, wenn die Naturtöne der Hörner neben der temperierten Stimmung des Orchesters stehen. Der Konflikt führt zu dramatischen Steigerungen und Kulminationen und wird im Zentrum des Werkes, einem Duett von Solo-Horn und -Cello, noch einmal exemplarisch vorgeführt. Für Gubaidulina manifestiert sich in diesem Werk »die Unvereinbarkeit von Natur und realem Leben, in dem die Natur häufig neutralisiert wird. Früher oder später musste ich diesen Schmerz in einer Komposition thematisieren.« Der Werktitel bezieht sich auf den Schlussabschnitt, der mit funkelnden Zimbelklängen einen Hoffnungsschimmer spendet.
Für Andris Nelsons war die vorliegende Aufnahme ein Lichtblick in schwerer Zeit: »Die Musiker des Gewandhausorchesters und ich haben die beiden Orchesterwerke während des Corona-Lockdowns eingespielt, und Sofia Gubaidulinas Musik hat uns hierbei viel Zuversicht gegeben. Dieses musikalische Porträt zu ihrem 90. Geburtstag wird die emotionale Kraft ihrer Musik hoffentlich auch einem größeren Publikum vermitteln.« (Tobias Niederschlag)
Rezensionen
»Vadim Repin, für den das Stück [Violinkonzert] geschrieben wurde, und Andris Nelsons brennen mit dem Orchester hörbar für diese Musik, jede Nuance ist exakt ausgearbeitet, die einzelnen Kanten und Konturen an Umbruchstellen werden scharf gezeichnet. Das Orchesterwerk ›The Wrath of God‹ besticht mit gestischer Wucht, Dramatik und ausgefeilter Klangfarbendramaturgie. ›The Light of the End‹ von 2003 bringt vielfach aufgefächerte Klänge einer ekstatisch ausstrahlenden Orchestervision.« (concerti)- Tracklisting
- Mitwirkende
Disk 1 von 1 (CD)
- 1 Dialog: Ich und Du
- 2 The Wrath of God
- 3 The Light of the End
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