Trio Mediaeval - An Old Hall Ladymass auf 1 Blu-ray Audio und 1 Super Audio CD

Das prächtig verzierte Chorbuch aus dem 15. Jahrhundert, bekannt als Old Hall Manuskript, war fast 400 Jahre lang verschollen, bis es Ende des 19. Jahrhunderts in einem katholischen Priesterseminar wieder auftauchte. Als größte erhaltene Sammlung mittelalterlicher Motetten und Messesätze wurde es sofort zur berühmtesten Quelle für englische Musik dieser Zeit. Es wurde in erster Linie von einem einzigen Schreiber verfasst, um sicherzustellen, dass die Musik seiner Mitsänger nicht in Vergessenheit gerät. Viele von ihnen sind nur aus diesem Manuskript bekannt, und finden auf diesem Album ihre Stimmen nach mehr als einem halben Jahrtausend der Stille wieder, transformiert durch den Gesang des Trio Mediaeval in Begleitung von Catalina Vicens, neben neuer Musik von David Lang und Marianne Reidarsdatter Eriksen.

Rezensionen

"Der Titel des Albums – „An Old Hall Ladymass“ – ist erklärungsbedürftig, da er zwei verschiedene Dinge miteinander verbindet: zum einen das „Old Hall Manuscript“, die größte, vollständigste und bedeutendste Quelle für englische Kirchenmusik des späten 14.​ und frühen 15.​ Jahrhunderts, zum anderen die vom Trio Mediæval (Anna Maria Friman, Linn Andrea Fuglseth, Jorunn Lovise Husan) gewählte Bezeichnung „Ladymass“ für diese sakrale Vokalmusik, deren Aufführung im Mittelalter den (männlichen) Mönchen vorbehalten war.​ Das vom Trio selbst vorgenommene Arrangement für Frauenstimmen ist jedoch nicht der einzige „Eingriff“, den sich diese Alte Musik hier gefallen lassen muss.​ Viele Facetten werden auf diesem spannenden Konzeptalbum miteinander zu einem neuen Ganzen verbunden: Da sind zunächst die 148 im „Manuscript“ überlieferten Kompositionen selbst, von denen die Musikerinnen 14 für das Album ausgewählt haben.​ Diese werden allerdings nicht einfach vom Blatt gesungen, sondern erfahren zum Teil weitreichende Improvisationen – eine Praxis, die damals durchaus üblich war.​ Zudem werden die Messe-Sätze wie etwa Kyrie, Gloria oder Agnus Dei mit marianischen Gesängen aus dem „Manuscript“ kombiniert.​ Last not least erklingen einige der Stücke in Begleitung einer mittelalterlichen Trageorgel (Portativ, im Booklet Organetto genannt), die unter den begnadeten Händen von Catalina Vicens oft wie eine weitere menschliche Stimme klingt.​ Der größte Eingriff in diesen sakral-meditativen Fluss Alter Musik erfolgt jedoch durch die Einschübe der Komponist*innen Marianne Reidarsdatter Eriksen (*1971) und David Lang (*1957), deren – vom Trio für dieses Projekt in Auftrag gegebenen – Kompositionen „Sol lucet“ (Eriksen) sowie „Alleluia“ und „Amen“ (Lang) den Fluss natürlich nicht wirklich unterbrechen, sondern vielmehr aus der Perspektive des 21.​ Jahrhunderts heraus überaus geistvoll, also im wörtlichen Sinne spirituell, kommentieren und fortschreiben.​ Das Konzept des – in der akustisch hervorragend dafür geeigneten Uranienborg-Kirche von Oslo aufgenommenen – Albums geht in beglückender Weise auf.​ Die drei Sängerinnen bewegen sich in diesem Alt-Neuen-Kosmos mit traumwandlerischer Sicherheit.​ Ihr ganzes Können zeigen sie in Eriksens „Sol lucet“, das zum (gesanglichen) Höhepunkt dieses an berückenden Momenten wahrlich nicht armen Albums gerät.​" (Chorzeit, Burkhard Schäfer)