Nicolas Jaar: Piedras 1 & 2 auf 2 LPs

Der chilenisch-stämmige New Yorker Produzent Nicolas Jaar startete 2008 mit Club-EP's und Remixes, bevor er 2011 mit seinem Debütalbum Space Is Only Noise die Massstäbe der elektronischen Musik verschob und einen Meilenstein vorlegte, der bis heute nachhallt. 2013 gründete er das Label Other People.

Nicolás Jaar schrieb das Stück Piedras für ein Konzert im Museum für Erinnerung und Menschenrechte in Santiago, Chile, das an die Opfer von Menschenrechtsverletzungen während der Militärdiktatur unter Augusto Pinochet zwischen 1973 und 1990 erinnert. 2024 wurde das Stück in eine 24-Kanal-Installation als Hörspiel im Universitätsmuseum von Mexiko-Stadt (MUAC) umgewandelt, wo es fünf Monate lang ausgestellt war.

Piedras 1 und 2 ist eine Sammlung der im Stück enthaltenen Titel, allesamt neue Musik von Jaar. Das Stück handelt von zwei Freunden, die um das Verschwinden von Salinas Hasbún trauern, einem Musiker und Schriftsteller, der Anfang der 2020er Jahre verschwand.

Obwohl sie in einer technologisch fortgeschrittenen Zukunft leben, greifen sie auf DIY-Radiomethoden zurück, weil die anonyme Gruppe Las 0cho einen weltweiten Angriff auf Untersee-Internetkabel gestartet und einen globalen Internet-Blackout verursacht hat. Das zentrale Thema des Stücks dreht sich um die Idee, dass Wahrheiten, Erinnerungen und Identitäten aus den Rissen (rasgaduras) oder den Zwischenräumen (en el entre) sprechen.

Dieses Konzept wird durch die Art und Weise unterstützt, wie sich ein Großteil der Erzählung entfaltet – in den Schwellenräumen zwischen den Radiofrequenzen. Die Instabilität und Vergänglichkeit einer sich ständig ändernden Radioskala wird nicht nur zu einer Metapher, sondern zur Struktur des Stücks selbst. In diesen Momenten des Lärms, der statischen Aufladung und der Störungen tauchen die tieferen Enthüllungen der Geschichte auf.

Dieses unzusammenhängende, sich ständig verändernde Medium spiegelt die Art und Weise wider, wie Erinnerung und Trauma innerhalb des Stücks wirken – nichtlinear, sie schlüpfen durch die Lücken, finden sich in Fragmenten oder alltäglichen Momenten, statt in direkten Übertragungen offizieller historischer Berichte. Diese Vorstellung erreicht ihren Höhepunkt am Ende der Erzählung, als ein Text entdeckt wird, in dem Salinas davon spricht, in einem kleinen Teich in einer Höhle, die in den ersten Folgen des Hörspiels erwähnt wird, eine neue Zahl gefunden zu haben.

Dieser Teich in der Cochlea der Welt wird als eine Möglichkeit gesehen, reale Zufälligkeit in die Berechnung einzuführen. Verkörpert in den Salzseen im Norden Chiles, der Heimat der ältesten Bakterien der Welt, durchbricht diese Zufälligkeit die starre Ordnung des Binärcodes und ebnet den Weg für eine Transformation des digitalen Lebens.