Keith Jarrett: Vienna Concert
Vienna Concert
CD
CD (Compact Disc)
Herkömmliche CD, die mit allen CD-Playern und Computerlaufwerken, aber auch mit den meisten SACD- oder Multiplayern abspielbar ist.
- Label: ECM, 1991
- Bestellnummer: 6491028
- Erscheinungstermin: 28.9.1992
"Ich habe sehr lange um das Feuer gekämpft, und in der Vergangenheit sind viele Funken geflogen, aber die Musik auf dieser Aufnahme spricht endlich die Sprache der Flamme selbst." So schreibt Keith Jarrett in den Liner Notes zu einem atemberaubenden Bericht über seinen improvisierten Soloauftritt in der Wiener Staatsoper im Juli 1991. Damit bringt Jarrett das zum Ausdruck, was so schwer zu artikulieren ist: die nicht greifbare Quelle, aus der er die Energie schöpft, um sich am Keyboard so frei zu entfalten.
Teil I beginnt in der Einsamkeit vor einem sichtlich hingerissenen Publikum. Sein süßes und tröstliches Wiegenlied zieht einen väterlichen Vorhang um ein Präludium für den rollenden Traum, der kommen wird. Jarrett gräbt seine linke Hand in die Erde und pflanzt mit der rechten eine Prärie voller Blumen, Unkraut und Wildtiere. Es ist eine mühsame Reise, deren Spur von vielen Füßen aus dem schlammigen Unterwasser gezogen und von Fäden fast obsessiver Reflexion gesponnen wird. Das Verhalten dieser Musik taucht tiefer ein, während sie ihren Hals immer weiter in den Himmel reckt, Arme verliert und Flügel gewinnt. Jarrett scheint zu wissen, wie man diese Flügel benutzt, denn in dem Moment, in dem er den Fuß auf den Boden setzt, macht er aus der Welt eine Landebahn für die Seele und stürzt sich in das Lernen. Seine Finger tanzen im Kreis, lösen einen Wirbelsturm der Aktivität aus und öffnen sich zu einem weiten Blick aus der Luft. Er zerlegt die Sonne und zeigt uns ihre inneren Schatten. Am Ende: nur Triumph und Verzückung, ein in zwei Teile gerissener Körper, der das Oben und das Unten vereint und in den letzten Atemzügen einen harfenartigen Anschlag zeigt. Wie ein fachmännisch geschälter Maiskolben verdankt er sein Leben verwitterten Händen und Körnern, die nach mineralischer Erde hungern.
Teil II ist schwebender, verlassener und von einem wässrigen, byzantinischen Touch geprägt. Jarrett spielt hier auf dem Klavier, als würde er es anschlagen, und webt den Zauber eines Märchens, Licht durch ein Fenster, dessen Glas geschmolzen und lebendig ist. Er zeichnet ein Lächeln durch den Himmel in einer Schaukel, die für die Tinnabulation gebaut wurde, und markiert einen Sonnenuntergang, der von Erinnerungen gepunktet und gestrichelt wird. Stille Häuser am Horizont, dazwischen längst verklungenes Kinderlachen. Stöcke, die einst Schwerter waren, krümmen sich zu knorrigen Stöcken. Jarretts sich entfaltende Blume erreicht ihren klanglichen Höhepunkt und verschmilzt zu einem Volkslied aus der Ferne, aus dem Inneren, von innen und außen, von niemandem und von uns allen.
Irgendwann habe ich gelernt, nicht mehr jedes Jarrett-Solokonzert mit Köln zu vergleichen. Wenn die Bilder, die es in mir auslöst, ein Hinweis darauf sind, dann ist jedes seine eigene Geschichte. Sein kreatives Leben besteht nicht aus dem Erklimmen eines einzigen Gipfels, sondern aus einem, das am Ende eine Landschaft voller Gipfel hinterlassen wird, so weit das Auge reicht.
Teil I beginnt in der Einsamkeit vor einem sichtlich hingerissenen Publikum. Sein süßes und tröstliches Wiegenlied zieht einen väterlichen Vorhang um ein Präludium für den rollenden Traum, der kommen wird. Jarrett gräbt seine linke Hand in die Erde und pflanzt mit der rechten eine Prärie voller Blumen, Unkraut und Wildtiere. Es ist eine mühsame Reise, deren Spur von vielen Füßen aus dem schlammigen Unterwasser gezogen und von Fäden fast obsessiver Reflexion gesponnen wird. Das Verhalten dieser Musik taucht tiefer ein, während sie ihren Hals immer weiter in den Himmel reckt, Arme verliert und Flügel gewinnt. Jarrett scheint zu wissen, wie man diese Flügel benutzt, denn in dem Moment, in dem er den Fuß auf den Boden setzt, macht er aus der Welt eine Landebahn für die Seele und stürzt sich in das Lernen. Seine Finger tanzen im Kreis, lösen einen Wirbelsturm der Aktivität aus und öffnen sich zu einem weiten Blick aus der Luft. Er zerlegt die Sonne und zeigt uns ihre inneren Schatten. Am Ende: nur Triumph und Verzückung, ein in zwei Teile gerissener Körper, der das Oben und das Unten vereint und in den letzten Atemzügen einen harfenartigen Anschlag zeigt. Wie ein fachmännisch geschälter Maiskolben verdankt er sein Leben verwitterten Händen und Körnern, die nach mineralischer Erde hungern.
Teil II ist schwebender, verlassener und von einem wässrigen, byzantinischen Touch geprägt. Jarrett spielt hier auf dem Klavier, als würde er es anschlagen, und webt den Zauber eines Märchens, Licht durch ein Fenster, dessen Glas geschmolzen und lebendig ist. Er zeichnet ein Lächeln durch den Himmel in einer Schaukel, die für die Tinnabulation gebaut wurde, und markiert einen Sonnenuntergang, der von Erinnerungen gepunktet und gestrichelt wird. Stille Häuser am Horizont, dazwischen längst verklungenes Kinderlachen. Stöcke, die einst Schwerter waren, krümmen sich zu knorrigen Stöcken. Jarretts sich entfaltende Blume erreicht ihren klanglichen Höhepunkt und verschmilzt zu einem Volkslied aus der Ferne, aus dem Inneren, von innen und außen, von niemandem und von uns allen.
Irgendwann habe ich gelernt, nicht mehr jedes Jarrett-Solokonzert mit Köln zu vergleichen. Wenn die Bilder, die es in mir auslöst, ein Hinweis darauf sind, dann ist jedes seine eigene Geschichte. Sein kreatives Leben besteht nicht aus dem Erklimmen eines einzigen Gipfels, sondern aus einem, das am Ende eine Landschaft voller Gipfel hinterlassen wird, so weit das Auge reicht.
Rezensionen
S. Thielmann in stereoplay 11/92: "Still, verhalten, äußerst ruhig geht er den Marathon seiner gut 40-minütigen ersten Improvisation an. Fast unmerklich verändern sich Tempo, Dynamik und Struktur, bis nach rund zwölf Minuten zum ersten Mal Ansätze jener typischen Jarrett-Bassfiguren hörbar werden, sich aber rasch wieder verabschieden. Vieles hier deutet auf einen gereiften Jarrett, einen überlegteren Improvisator, der weitaus mehr als früher Raum und Zeit zu ihrem Recht kommen lässt."- Tracklisting
- Mitwirkende
Disk 1 von 1 (CD)
- 1 Vienna Part I
- 2 Vienna Part II
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