Julius Borderieux: Ethnotouristische Heterotopien, Gebunden

Klappentext

Sind Sie auf dem Weg zum Bäcker schon einmal überraschend mitten auf einem Friedhof gelandet, ohne das Durchschreiten eines Eingangstores bemerkt zu haben? Vermutlich nicht. Standen Sie im Museum schon einmal verträumt vor einem Alltagsgegenstand aus vergangenen Zeiten und fragten sich, wie es sich angefühlt haben muss, damals Mensch gewesen zu sein? Vielleicht. Warum erschrecken Sie sich kurz, wenn die Schauspielerin im Theater unerwartet von der Bühne hinabsteigt und Sie als Zuschauer*in ins aufgeführte Stück einbindet? Und was haben diese Fragen damit gemeinsam, dass ein deutscher Reiseveranstalter das Wort "Foto-modell" in seinem Reisekatalog in Anführungszeichen setzt?
Dieses Buch nimmt Sie mit auf eine spannende Gratwanderung durch sogenannte "andere Räume", an deren Rändern die Grenze zwischen dem Alltäglichen und Außeralltäglichen, zwischen dem Normalen und Abnormalen verläuft. Unter Anwen-dung des von Foucault entwickelten Raumtypus der Heterotopie wird in diesem Buch eine neue Perspektive auf die sprachliche Konstruktion (ethno-)touristischer Räumen geworfen. Untersucht wurde, wie deutsche Reiseveranstalter ethnotouris-tische Räume in ihren Katalogtexten diskursiv gestalten und welche Funktionen diese Räume für Reisende und ihre Herkunftsgesellschaft haben. Dabei sind die verschriftlichten Spuren moralischer Dilemmata, wie etwa ein in Anführungszeichen gesetztes Wort, spannende Ausgangspunkte für die Erforschung tiefer liegender Brüche und Verunsicherungen in der Konstitution industrialisierter Gesellschaften.
Das Buch ist in mehrere Kapitel unterteilt, darunter eine Einführung in den Ethnotourismus mit Vorstellung des Fallbeispiels und die Diskussion von Heterotopien im Kontext (ethno-)touristischer Räume. Darauf folgt eine detaillierte Analyse des Rei-sekatalogtextes nach der von Warnke & Spitzmüller entwickelten diskurslinguistischen Mehr-Ebenen-Analyse (DIMEAN). Die Analyse konzentriert sich auf einen Katalogtext des Reiseveranstalters Studiosus aus dem Jahr 2020, in welchem eine Rei-se nach Südäthiopien beworben wird. Sie zielt darauf ab, die Funktion ethnotouristischer Räume für unsere heutige Gesellschaft besser zu verstehen und bietet zugleich ein innovatives Anwendungsbeispiel für diskurslinguistische Methoden in der Tourismusgeographie. Das Buch endet mit einer Interpretation und Diskussion der Ergebnisse aus heterotopologischer Perspektive und der Ableitung weiterer Fragen.