Andreas Allofs: Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung: Eine Untersuchung von Präventionsmöglichkeiten im Unterricht
Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung: Eine Untersuchung von Präventionsmöglichkeiten im Unterricht
Buch
- Diplomica Verlag, 07/2014
- Einband: Kartoniert / Broschiert, Paperback
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783842881426
- Bestellnummer: 5647927
- Umfang: 72 Seiten
- Auflage: Erstauflage
- Copyright-Jahr: 2014
- Gewicht: 134 g
- Maße: 221 x 154 mm
- Stärke: 10 mm
- Erscheinungstermin: 29.7.2014
Klappentext
Das Thema sexueller Missbrauch von Menschen mit geistiger Behinderung wurde lange Zeit nicht thematisiert, bzw. die Existenz dieser Problematik bestritten. In letzter Zeit rückt diese jedoch immer stärker ins Forschungsinteresse. Veröffentlichungen zu dieser Thematik bleiben dennoch nach wie vor rar, obwohl auch alle neueren Untersuchungen eindeutig belegen, dass sexueller Missbrauch von Menschen mit geistiger Behinderung nicht als Randphänomen vernachlässigt werden darf.Auf Grundlage der Erkenntnisse um das Vorhandensein von sexuellem Missbrauch von Menschen mit geistiger Behinderung wird in der vorliegenden Arbeit untersucht, ob die theoretischen Erkenntnisse der Forschung mittlerweile auch in der Praxis berücksichtigt werden und versucht Antworten darauf zu finden, wie sexueller Missbrauch möglichst früh auch schon im Kindes- und Jugendalter durch präventive Maßnahmen im Unterricht verhindert werden kann. Hierbei wird der Fragestellung nachgegangen, ob es adäquate und wirksame Präventionsmöglichkeiten für den Unterricht gibt, die speziell auf die individuellen Lernvoraussetzungen von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung zugeschnitten sind.
Auszüge aus dem Buch
Textprobe:Kapitel 3, Sexueller Missbrauch bei Menschen mit geistiger
Behinderung:
Im Folgenden werden zunächst Prävalenzstudien zu sexuellem Missbrauch an Menschen mit geistiger Behinderung dargestellt. Danach wird auf potentielle Täterinnen und Täter sowie Täterstrategien eingegangen.
3.1, Prävalenz von sexuellem Missbrauch von Menschen mit
geistiger Behinderung:
Da es im deutschsprachigen Raum erst sehr wenige Untersuchungen gibt, die sich mit der Thematik des sexuellen Missbrauchs von Menschen mit geistiger Behinderung beschäftigen, werden zusätzlich Studien aus dem nordamerikanischen Raum vorgestellt.
3.1.1, Studien aus dem deutschsprachigen Raum:
Bis Anfang der 1990-er Jahre gab es im deutschsprachigen Raum keine Studien und Untersuchungen zur Problematik des sexuellen Missbrauchs von Menschen mit geistiger Behinderung. Erste Daten erfassten Noack und Schmid im Jahr 1994 im Rahmen einer bundesweiten, quantitativen Erhebung, bei der das Personal von 874 Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen schriftlich zur Thematik des sexuellen Missbrauchs befragt wurde (Noack & Schmid, 1994, 12). 51, 3% der Einrichtungen gaben an, dass ihnen Fälle von sexuellem Missbrauch von Menschen mit geistiger Behinderung in ihrer Einrichtung bekannt sind (Noack & Schmid, 1994, 44). Von 31, 5% der in den Einrichtungen lebenden Frauen mit geistiger Behinderung waren Fälle von sexuellem Missbrauch bekannt, bei Mädchen 10, 7% und bei weiblichen Jugendlichen 8, 7%. Bei Männern mit geistiger Behinderung lag die Quote bei 16, 6%, bei Jungen 5, 2% und männlichen Jugendlichen bei 2, 9%. (Noack & Schmid, 1994, 45). Kritisch merken Noack und Schmid (1994, 45-46) selbst an, dass es vermutlich eine hohe Dunkelziffer in Institutionen gibt, da sexueller Missbrauch nicht wahrgenommen oder verschwiegen wird. Diese Problematik ist darauf begründet, dass die Bewohner und Bewohnerinnen der Einrichtungen nicht selbst befragt wurden, sondern lediglich das Personal Auskünfte erteilte.
Noack und Schmid gehen von einem weiten Begriffsverständnis von sexuellem Missbrauch aus, welches heimliche Berührungen impliziert und auf dem Machtgefälle zwischen Erwachsenen und Kindern basiert (Noack & Schmid, 1994, 35). In ihrer Untersuchung ließen sie jedoch die Befragten individuell definieren, welche Aspekte für sie unter sexuellem Missbrauch fallen. Die Befragung ist somit subjektiv geprägt.
Eine weitere Studie im deutschsprachigen Raum folgte von Zemp und Pircher im Jahre 1996. Sie befragten 130 Frauen mit Behinderung im Alter zwischen 17 und 69 Jahren, die in Einrichtungen in Österreich lebten (Zemp & Pircher, 1996, 29-30). 57, 5% dieser Frauen bezeichneten sich selbst als geistig behindert (Zemp & Pircher, 1996, 32). Auch dieser Befragung liegt ein weites Begriffsverständnis von sexuellem Missbrauch zugrunde. Darunter fallen Handlungen wie despektierliche Bemerkungen über den Körper, Berühren von Geschlechtsorganen bis hin zum Geschlechtsverkehr (Zemp & Pircher, 1996, 8). Demnach haben 63, 8% der befragten Frauen körperlich ausgeübte sexuelle Gewalt erfahren (Zemp & Pircher, 1996, 42).
Zemp und Pircher (1996, 21) weisen jedoch darauf hin, dass ihrer Erhebung keine repräsentative Stichprobe zugrunde liegt.
Im Jahre 1997 führten Zemp, Pircher und Schoibel eine Studie durch, die sexuellen Missbrauch von Männern mit Behinderung fokussiert. Zentrale Begriffe und Definitionen wurden von Zemp und Pircher (1996) übernommen (Zemp et al., 1997, 7). Befragt wurden 136 Männer mit Behinderung im Alter zwischen 18 und 78 Jahren, die in österreichischen Einrichtungen lebten (Zemp et al., 1997, 39). 50% der befragten Männer gaben an, Formen von sexueller Belästigung oder sexueller Gewalt erfahren zu haben (Zemp et al., 1997, 58).
Im Vergleich zur Studie von Noack und Schmid ist anzumerken, dass bei Zemp und Pircher sowie bei Zemp et al. Menschen mit Behinderungen direkt befragt wurden und nicht das Personal der Einrichtungen Auskünfte gab. S
Anmerkungen:
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