Claretta Cerio: Mein Capri
Mein Capri
Buch
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- mareverlag GmbH, 08/2010
- Einband: Gebunden, Lesebändchen
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783866481343
- Bestellnummer: 7988218
- Umfang: 191 Seiten
- Sonstiges: 1 einfarb. Übers.-Kte.
- Copyright-Jahr: 2010
- Gewicht: 312 g
- Maße: 213 x 134 mm
- Stärke: 22 mm
- Erscheinungstermin: 24.8.2010
Kurzbeschreibung
"Mein Capri" ist ein unerschöpfliches Reservoir an Menschen, ein Kaleidoskop von Schicksalen, eine Bühne mit Stars, Primadonnen und Charakterdarstellern.Klappentext
Wer heute nach Capri reist, dem kann vieles von dem alten Zauber, der denlegendären Ruf der Insel begründet hat, entgehen. Claretta Cerio aber hat jene
Zeit selbst erlebt: Als Tochter eines Deutschen und einer Italienerin auf Sylt und
Capri aufgewachsen, verbrachte sie ihre intensivsten Jahre auf der Insel im
Tyrrhenischen Meer, wo sie 1953 den Schriftsteller Edwin Cerio heiratete und
zahlreichen Künstlerpersönlichkeiten begegnete. Jetzt erzählt sie die Geschichte
der Capreser Villen und ihrer Bewohner: Sie weiß, in welcher Gesellschaft
Wladimir Iljitsch Uljanow in der Villa Rossa feierte, bevor er als Lenin bekannt
wurde, weshalb Alfred Krupp sich von den Capresen verstanden fühlte und
warum Brecht die Insel eine »verdammte blaue Limonade« nannte. Sie berichtet
von der parabelhaften Feindschaft zwischen dem Küstenstädtchen Capri und
dem Bergdorf Anacapri, von der Schrulligkeit der deutschen Pensionsgäste der
1930er Jahre und von Göttern und Naturgeistern, die der einsame Wanderer
noch heute trifft, wenn er sich fern von allem Massentourismus auf die steilen
Pfade des Monte Solaro wagt.
Auf unwiderstehlich charmante Weise lässt Claretta Cerio den Glanz vergangener
Zeiten lebendig werden. Zugleich zeichnet sie klarsichtig und mit
feinem Humor ein differenziertes Bild der Insel jenseits aller Klischees,
die uns von Postkarten und Schlagern bekannt sind, und bringt uns so ihr
Capri nahe.
Auszüge aus dem Buch
Spätsommer, herrliches, klares Wetter, das Meer eine zartblau seidenglänzende Tafel. Um Punkt acht Uhr morgens waren wir auf der Sirena und stiegen in das kleine Boot, das unter unserem Gewicht schwankte, bis wir uns auf die schmalen Seitenbänke gehockt hatten. Giacobbe saß schon in der Mitte auf der Bank, er spuckte in die Hände, ergriff die Ruder, tauchte sie ins Wasser, zog sie durch, hob sie heraus, tauchte sie wieder hinein, zog sie durch, im Takt, immer derselbe Ablauf, wieder und wieder und wieder. Ich schaute auf seinen Rücken und sein verwaschenes, ärmelloses Wollhemd. Sein nach vorn gestreckter grauschopfiger Kopf, der dunkel gebeizte Nacken, die kräftigen Schulterblätter, seine Arme und Hände schienen mit den Rudern verwachsen zu sein, eine Maschinerie aus Mensch und Boot, die unablässig und rhythmisch dieselben wenigen Bewegungen ausführte, damit wir in lautlosen Schüben übers Wasser glitten. Es war, als würden das leichte Knarren der Riemen an den Dollen und das schwache Glucksen am Bootsrand die große Stille um uns noch pointieren. Von der kleinen Halbinsel Sirena steuerten wir auf Punta Mulo zu, das Felsenkap, das die Bucht der Marina Piccola abgrenzt, und als wir es umschifften, verschwand das vertraute Panorama aus meinen Augen, und die Angst stieg in mir auf. Ich war in dem Alter pathologisch furchtsam, was vielleicht am frühen Tod unseres Vaters lag, jedenfalls überfielen mich auch in alltäglichen Situationen Vorstellungen der schrecklichsten Gefahren. Bei unserer Rundfahrt an jenem Morgen gab es nicht den geringsten Anlass zu Befürchtung - das Meer spiegelglatt, Windstille und Sonnenschein, Giacobbe ein mir vertrauter und erfahrener Seemann und neben mir das freundliche, zuverlässige Touristenpaar -, und trotzdem blickte ich mit Herzklopfen zu der zerklüfteten Bergwand, an der wir entlangfuhren. Unser kleines Boot würde unweigerlich an ihr zerschellen, wenn der plötzliche Orkan ausbrechen sollte, den mir meine Panik ankündigte. Es gehört zu einem sonderbaren Dualismus, dass man gleichzeitig Angst empfinden und dabei auch Schönheit wahrnehmen kann. So saß ich in stummer Beherrschung, die Hände an den Rand der Bank gekrallt, und verspürte doch auch Neugier und Staunen. Dieses langsame, lautlose Gleiten, immer längs der felsigen, hohen Küste und dicht daran, führte uns kleine Wunder vor Augen, denn man sah, was im Gestein, oben an der Luft, blühte und krabbelte, und beugte man sich über den Bootsrand, verlor sich der Blick weit unten in einem fremden, verlockenden Universum. Das Meer war so durchsichtig, dass man in der Tiefe weit unterhalb des Wasserspiegels das steinerne Fundament der Insel erkennen konnte, in den Ritzen die Seeigel und Anemonen und auf dem Grund Gräser und Algen, durch die winzige Fische blitzten."Jetzt kommen wir zur Grünen Grotte", meldete Herr Schlegel, der einen Reiseführer auf den Knien aufgeschlagen hielt. Bei dem Wort "Grotte" überfielen mich neue Angstvorstellungen, während unser Boot langsam auf eine dunkle Felsenspalte zuglitt, den Eingang ins Berginnere, aus dem es uns kühl entgegenwehte. "Zauberhaft! Zauberhaft!", rief Frau Schlegel aus, als unser Boot in die Grotte einfuhr und Giacobbe zu rudern innehielt. Spielerisch ließ er die beiden hölzernen Stangen im Wasser kreisen, das in allen Grünfärbungen schillernd aufleuchtete und zart wogend die Nuancen mischte wie in einem Topf flüssig gewordener Smaragde, Chrysoprase und Jadesteine, und dabei tanzten die Reflexe irrlichternd über die schrundigen Wände und zur Decke der Grotte. Mit dem Aplomb eines Zauberkünstlers, der gekonnt den Effekt seiner Tricks zu steigern weiß, hob Giacobbe die Stangen auf Höhe des Bootrands, und von den Ruderblättern tropften grün funkelnde Brillanten; dann strich er mit leichter, rascher Bewegung die Enden der Ruder über den Wasserspiegel, und dieser schien in abertausend leuchtend grünen Funken zu zersplittern ...
Biografie
Claretta Cerio, Schriftstellerin, ist auf Capri geboren und lebte dort Jahrzehnte lang. Sie promovierte über das Thema "Capri in der deutschen Literatur".Anmerkungen:
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Claretta Cerio
Mein Capri
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