Charlie Haden: Nocturne (180g) (Limited-Edition) auf 2 LPs

2001 veröffentlicht und 2002 mit einem Grammy für das beste Latin Jazz ausgezeichnet, ist Charlie Hadens "Nocturne" ein außergewöhnliches Album, das sich allen Etiketten und Schemata innerhalb und außerhalb des Jazz entzieht. Latin Jazz, Balladen, Songs, World Music ... kein einziges Etikett ist zufriedenstellend, denn das musikalische Erbe, das dieses Album möglich gemacht hat, ist so umfangreich wie die musikalischen Erfahrungen der auf dieser Platte versammelten Jazz-Persönlichkeiten: Gonzalo Rubalcaba am Klavier, Ignacio Berroa an Schlagzeug und Perkussion, Pat Metheny an der Gitarre, Federico Britos Ruiz an der Violine und Joe Lovano und David Sanchez am Saxophon.
Indem sie den Bolero, einen unverwechselbaren lateinamerikanischen Tanzrhythmus, erforschten, gelang es der Gruppe, eine Sprache und ein Klima der Besinnung zu schaffen, eine romantische Atmosphäre, die zurückhaltend und dennoch ausgelassen ist.

»Nocturne« - Charlie Haden (b); Joe Lovano, David Sanchez (ts); Gonzalo Rubalcaba (p); Pat Metheny (g); Federico Britos Ruiz (v); Ignacio Berroa (dr, perc)

Charlie Haden hat sich ein weiteres Mal mit dem jungen kubanischen Pianisten Gonzalo Rubalcaba für dieses melancholische, beruhigende Album zusammengetan. Ignacio Berroa, der die verschiedensten Schlaginstrumente spielt, komplettiert das Kern-Trio. Gastauftritte haben die Tenorsaxophonisten Joe Lovano und David Sanchez, der Geiger Federico Britos Ruiz und der Gitarrist Pat Metheny (nur bei einem Stück).

Rubalcaba steuert zu zwei Stücken die Orchestrierung bei, die ohne Trommeln und Schlagzeug auskommt. Hadens Absicht bei dieser Platte ist, sich intensiv mit dem Bolero zu befassen, einem charakteristischen lateinamerikanischen Tanzrhythmus, den Ignacio Berroa akzentuiert mit einem leisen, raffinierten Wirbel auf der Schnarrtrommel, der mit den Schlagbesen erzeugt wird, beginnend bei dem ›und‹ des ersten Schlag des Takts und endend bei der Zwei. Dieser Rhythmus ist perfekt für einen langsamen Tanz, und tatsächlich ist das gesamte Album hochromantisch, mit bittersüßen Melodien und angenehm klingenden Kadenzen.

Das einzige Problem ist, dass Berroas Bolerofigur in beinahe jedem Stück verankert ist – was allerdings bei einem Boleroalbum auch so sein soll, aber man kommt nicht darum herum festzustellen, dass die Musik durchweg ziemlich gleichförmig klingt. Die meisten Songs, mit Ausnahme zweier Originale von Haden sowie einem von Rubalcaba, sind kubanische und mexikanische Standards und einfach wunderschön. Hadens Abneigung, an ihnen herumzudoktern, ist nur zu verständlich.

Aufnahme: August 2000 in der The Hit Factory, Miami, Fl, und October 2000 in den Capitol Studios, Los Angeles (USA)
Produktion: Charlie Haden