Ines Geipel: Geipel, I: No Limit
Geipel, I: No Limit
Buch
- Wie viel Doping verträgt die Gesellschaft
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- Klett-Cotta Verlag, 04/2008
- Einband: Flexibler Einband
- ISBN-13: 9783608944587
- Umfang: 182 Seiten
- Copyright-Jahr: 2008
- Gewicht: 273 g
- Maße: 207 x 128 mm
- Stärke: 14 mm
- Erscheinungstermin: 15.4.2008
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Kurzbeschreibung
Ines Geipel, selber ein Doping-Opfer, erzählt die Geschichte des Doping und seiner gesellschaftlichen Folgen. Und sie führt uns vor Augen, dass Doping nicht nur den Menschen, sondern zugleich die ganze Gesellschaft verändert.Inhaltsangabe
VorwortI. DIE METAMORPHOSE HAT BEGONNEN
1. Der Körper befindet sich in der Ladephase - Über die verdopte Gesellschaft
2. Vom Verlust der inneren Zeit - Die historische Doppelhypothek des deutschen Sports
3. Könnt Ihr dort Repoxygen bekommen? - Worüber ein illegaler Dopingring kommuniziert
4."Was wir brauchen, ist ein gut funktionierendes Team, das uns hilft, unsere Kinder zu schützen"Interview mit Nikolai Durmanow
II WO IST REPOXYGEN?
5. Wenn Muskeln einen Wunsch frei hätten - Im Land der angewandten Fiktionen
6. Geschichten vom neuen Körperset - Die Welt des Gendopings
7."Kein Antidopinglabor der Welt kennt auch nur die Hälfte der verbotenen Substanzen, die gerade gehandelt werden"Interview mit Robin Parisotto
III WIR WERDEN DIE SAUBERSTEN SPIELE MACHEN
8. Kulissenumbau im chinesischen Sport system - Von Daliwan, Medaillen ramsch, Guanxi und Tibetischen Doggen
9. Bei den Doktoren Xhu und Wu - Was im Olympia-Dopinglabor passiert
10."Ein Land regieren ist wie einen Bus steuern. Es muss aber auch jemanden geben, der ihn fahren kann"Interview mit Zhou Qing
Literaturauswahl
Glossar
Danksagung
Klappentext
Ines Geipel unternimmt eine bedrückende Bestandsaufnahme. Wie hat das Doping sich entwickelt? Wer dopt wie und mit wessen Hilfe? Mit welchen weiteren Auswüchsen haben wir zu rechnen? Und welchen Preis werden wir dafür zahlen müssen?Denn Doping ist längst nicht mehr nur ein Problem des Spitzensports, sondern inmitten der Gesellschaft angekommen - in den Fitnessstudios, Büros, an der Börse, in der Politik und an Schulen. Leistungssteigerung lautet das Gebot der Stunde. Der Traum vom optimierten Menschen in effizienten Zeiten geht um. Ines Geipel macht uns mit den Risiken und Nebenwirkungen vertraut - als dessen albtraumhaften Folgen.
Auszüge aus dem Buch
"Kulissenumbau im chinesischen Sportsystem - Von Daliwan, Medaillenramsch, Guanxi und Tibetischen DoggenDie magische Arznei für Weltrekorde basiert auf einem Reis gericht mit einer Mischung aus Brustbeerensaft, Hunderagout, Hühnerbrühe und Pilzextrakten.
MA JUNREN, CHINESISCHER LAUFTRAINER, 1993
Daliwan. Frau Zou kommt immer ein paar Minuten früher zur Arbeit. Sie läuft dann im Schwimmbad umher, sortiert Tücher, wischt ein Stück Boden, tupft die Finger ins Wasser, um die Temperatur zu prüfen. Sie mag die Atmosphäre, wenn sich die Wellen im Glas der Fenster kräuseln, sie ihre Schritte auf den Fliesen hören kann. Bald wird hier wie jeden Tag Hochbetrieb herrschen. Dann kommen die Arbeiter aus den riesigen Autowerken, die ganz in der Nähe liegen.
Frau Zou sitzt in einer Kabine auf einem Hocker und schrubbt einem Mann den Rücken, kurz darauf wird sie zum Eingang gerufen, weil ein Kind irgendwas verschüttet hat, dann soll sie ein Becken auswischen, Papier einsammeln, in den Toiletten nach dem Rechten schauen. Sie ist 41 Jahre alt und in der Halle das Mädchen für alles. 43 Euro bekommt sie dafür als monatliches Salär."Wenn ich den Leuten den Körper schrubbe, entspannen sie sich. Dann kommen sie zur Ruhe und fangen an zu reden", sagt Frau Zou.
Dabei ist sie es, viel zu die erzählen hat: wie sie mit 13 Jahren in Chanchun auf die Sportschule kam und mit dem Gewichtheben begann. Wie ihr der Trainer mit der ersten Ein heit Tabletten namens Daliwan gab und ihr sagte, dass die ihren Körper von vornherein besser auf das viele Krafttraining einstellen würden. Wie sie nicht mehr zur Schule ging, sondern das Hantelstemmen ihr Beruf wurde. Wie man sie bald zum Mitglied der Nationalmannschaftmachte und ihr Leben aus Trainingslagern, Chemie und exzessivem Hanteltraining bestand. Wie sie vor Auslandshöhepunkten regelmäßig Maskierungsspritzen bekam, damit das Doping in den einschlägigen Tests nicht auffallen konnte. Wie sie mit dem Trainer darüber sprechen wollte, er aber nur sagte, dass das alle nähmen und die Substanzen keinerlei Nebenwirkungen hätten.
Die Geschichte der kaum 50 Kilo schweren Frau, die sie nur zögerlich preisgibt, handelt davon, wie sich ihr Körper nach und nach veränderte, männlicher und muskulöser wurde. Beim Erzählen deutet sie auf ihren Bart, die herben Gesichtszüge. Sie berichtet von einem kranken Rücken und kaputten Gelenken. Auch davon, dass sie den Sport so lange gemacht habe, bis es körperlich nicht mehr ging. In dieser ganzen Zeit sei sie ihrem Land unendlich dankbar gewesen. Immer habe sie das Gefühl bestimmt, China etwas zurückgeben zu wollen.
An dieser Stelle hält Frau Zou inne. Man sieht, dass sie mit sich ringt. Seit Jahren lebe sie in einem schweren Konflikt, fährt sie irgendwann fort: Sie sei gar keine Frau mehr. Jeden Tag spüre sie das. Aber die Angst, sich zu outen, sei da, wo sie lebe, sehr groß. Ihr sei klar, dass eine Geschlechtsumwandlung in China ein Problem darstelle. So weit ist diese Gesellschaft aber nicht, meint Frau Zou und lässt sich derweil monatlich weibliche Hormone spritzen, damit sie in ihrem Geschlecht bleibt.
Frau Ai hat einen Straßenstand in einem Vorort von Peking. Sie verkauft Obst, Getränke, chinesische Snacks. Wenn der Job es ihr erlaubt, versucht sie zu sitzen. Sie kann kaum stehen. Ihre Bewegungen wirken schwerfällig. Man sieht, dass der Frau Mitte 30 jeder Schritt Schmerzen bereitet. Das kommt, weil ihre Füße ungemein verformt sind. Dabei hat sie ihren Füßen viel zu verdanken. Weltweit hat Frau Ai Mara thon um Marathon gewonnen, war Weltmeisterin und hat 16 internationale Goldmedaillen geholt."
Biografie
Ines Geipel, geb. 1960 in Dresden, sechs Jahre DDR-Hochleistungssport mit Zwangsdoping und Weltrekord über 4 x 100 Meter. Nach dem Germanistik-Studium in Jena 1989 Flucht nach Westdeutschland und Studium der Philosophie und Soziologie in Darmstadt. 1996 gibt sie Gedichte und Prosa von Inge Müller heraus; daneben u.a. eigene Texte (ein Roman, eine Gedichtsammlung). Heute ist sie Professorin an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch und Mitarbeiterin des Hannah-Arendt-Instituts.Anmerkungen:
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